
Baujuwel der Renaissance
Das 16. Jahrhundert war zweifellos die bedeutendste Epoche in der Geschichte des Schlosses. Das Bundesdenkmalamt reiht es unter die wichtigsten Baudenkmäler der Renaissance in Österreich ein.
Die Ursprünge der Burg Orth an der Donau bleiben trotz intensiver Untersuchungen weiterhin ungeklärt. Beim heutigen Kenntnisstand lässt sich lediglich festhalten, dass ein ‚locus orta‘, also ein Ort namens Orth, im frühen 11. Jahrhundert laut Schenkungsurkunde von Heinrich II. bereits 1021 bestanden haben muss. Sehr wahrscheinlich war Orth im Hochmittelalter ab ca. 1050 im Besitz des Bistums Regensburg, welches die Grafen von Schaunberg mit der Herrschaft belehnte. Sie ließen wohl im späten 13. Jahrhundert den Nordostturm und den östlichen Teil des Nordtrakts errichten. Bis Mitte des 14. Jahrhunderts entstand der Nordwestturm mit drei Obergeschoßen. 1377 musste Heinrich von Schaunberg Burg und Markt Orth an den Habsburger Herzog Leopold III. abtreten.
1520 übergaben die Habsburger dem Feldherrn Niklas I. Graf Salm die Herrschaft als Lehen. Die Grafen Salm, die zu den mächtigsten Gefolgsleuten des Kaisers zählten, setzten umfangreiche Maßnahmen:
Neuerrichtung des Westtrakts, Wendeltreppenturm in der Nordwestecke, Aufstockung des Nordtrakts. Dabei kamen neue, für Österreich geradezu revolutionäre Architekturformen, wie etwa die rundbogigen Biforienfenster an der Ostfassade des Westtrakts zum Einsatz, ein um 1525 hierzulande noch eher unbekanntes Stilelement.
Während sich Niklas I. Graf Salm 1529 in der Ersten Türkenbelagerung Wiens verdient machte, brannten die Osmanen Schloss Orth nieder.
Sein Sohn Niklas II. Graf Salm sanierte es – mit baulichen Innovationen, wie einem liegenden Sparrendach, Gewölbekonsolen und Biforienfenstern aus Terrakotta. Die Verwendung des Akanthusblatt-Motivs weist die Adeligen als Parteigänger Kaiser Ferdinand I. aus.
Niklas II. Graf Salm verlieh dem Schloss um 1534 die charakteristische Form eines geschlossenen viertürmigen Kastells, nach dem Vorbild der Wiener Hofburg. Wie in dieser konstruierte der mährische Architekt Johann Tscherte eine zukunftsweisende Hohlspindeltreppe. (20 Jahre vor Andrea Palladio in Italien).
Als das evangelische Geschlecht der Zinzendorf das Schloss 1568 kaufte, ließ es die Schlosskapelle adaptieren. Sie erhielt ein Holzportal, das heute ein Highlight des Museums darstellt:
aus der Zeit um 1580 stammend, wird das Portal dem Hoftischler Georg Haas zugeschrieben. Er schuf ein ähnliches Stück für die evangelische Kapelle im niederösterreichischen Landhaus, das die selbe Inschrift aufweist: Friede dem Freund, der diese unsere Schwelle erklimmet …
Im 17. Jahrhundert setzte der Niedergang ein: im Jahr 1686 musste Kaiser Leopold I. die Herrschaft an Graf Theodor Heinrich von Strattmann verkaufen, unter dessen Nachkommen, der Familie Confalonieri-Strattmann, die Herrschaft Orth in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Während man andere Burgen zu barocken Schlössern mit repräsentativen Gärten umgestaltete, versank Orth zum Wirtschaftsgebäude. Im 18. Jahrhundert wurden die Fenster verkleinert, die Wehrmauer abgerissen und das Schloss zum Getreidespeicher umgebaut.
Nach mehrfachem Besitzerwechsel, u. a. der Bankier Moritz Graf Fries und Caroline Murat, die jüngste Schwester von Napoleon Bonaparte, kaufte es Kaiser Franz I. 1824 und verleibte es dem k .k. Familienfonds ein – Teile dienten als Kanzleien und Gefängnis.
Seit dem Ende der Habsburgermonarchie befindet sich das Schloss im Besitz der Republik Österreich. Diese ermöglichte 1981 sowie 2004/2005 und 2021/2022 die Revitalisierung.
Schloss Orth an der Donau beherbergt seit 2005 das schlossORTH Nationalpark-Zentrum, das Veranstaltungszentrum der Marktgemeinde und seit 2007 das museumORTH. Die Impulse für die Restaurierung des 1957 bis 2002 als Museumsstandort genutzten Schlosses, kamen von einem wissenschaftlichen Projekt aus Archäologie, Bauforschung, Geschichte und Kunstgeschichte, das 17 Jahre in Anspruch nahm.
Abbildung: Georg Matthäus Vischer, Schloss Orth, 1672